Kann man über Depressionen Witze machen?

Die beiden Komiker Kurt Krömer und Torsten Sträter reden über Ihre Depression.

Kurt Krömer, der es  in seiner Sendung “Chez Krömer” eigentlich nur darauf anlegt, seine Gäste bloßzustellen und zu beleidigen, hat sich den Poetry Slamer und Kabarettisten Torsten Sträter eingeladen. Nach anfänglichen oberflächlichen Gequatsche wechselt Krömer plötzlich nach 9:40 Minuten abrupt das Thema. „Wir haben eine Sache gemeinsam. Ich habe Bauchschmerzen, Schiss darüber zu sprechen!“ Krömer litt, genauso wie Sträter an schweren Depressionen. Sie erzählen sich, wie sie als Person von öffentlichen Interesse mit dieser Erkrankung leben konnten, wie sie sie therapiert haben, über ihre Angst, das Lustigsein zu verlieren und was sie jetzt tun, damit sie stabil bleiben. Im Laufe der nächsten 20 Minuten weiß man gar nicht mehr, wer hier eigentlich wen interviewt. Auch scheint die Kamera für die Beiden überhaupt nicht mehr zu existieren. Als Zuschauer*in hat man das Gefühl, mit dem Beiden im Wohnzimmer zu sitzen. Für Krömer ist es das erste Mal, dass er öffentlich über seine Erkrankung spricht. Sträter dagegen beginnt schon mal seine Show mit den Satz: „Ich bin depressiv!“
Dieser Beitrag kann viel dazu beitragen, das Thema Depression noch mehr aus der Tabuecke zu holen. Besonders junge Menschen und Angehörige können sich aus diesem Gespräch viel herausziehen.

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Poetry Slam begeistert 200 Gäste im Pavillon.

Im Rahmen der Aktionswochen des Bündnisses gegen Depression veranstaltete die KIBIS einen Poetry Slam zum Thema Depression. Vier Autor*innen gaben in dieser Dichterschlacht ihre besten Texte zum Besten. Sie erzählten von ihrer eigenen Betroffenheit oder von Depressionen in der Familie oder dem Freundeskreis. Durchgehend wurde immer wieder von Tabu und Akzeptanz gesprochen, bis hin zu eindringlichen resoluten Forderungen an die Gesellschaft und die Politik. Das Publikum lauschte, für einen Slam völlig unüblich, mucksmäuschenstill, nahezu andächtig. Voller Aufmerksamkeit hingen sie den Poet*innen an den Lippen. Erst als der Text nach maximal sieben Minuten (das sind die Vorgaben beim Slam) zu Ende war, erhob sich zaghaft sanfter, aber lang anhaltender Beifall. Wie beim Poetry Slam üblich, gibt das Publikum die Bewertung für die Texte ab. Von möglichen achtzig erreichbaren Punkten erhielten die Lesenden meist über sechzig. Das ist enorm gut beurteilt, meint Jan Egge Sedelies, der diesen Abend moderierte.
Einen Slam zu moderieren, der anspruchsvolle Texte zu einem sehr ernsten Thema darstellt und auf der anderen Seite einen abendliche Unterhaltungswert haben soll, sei schon eine Herausforderung, sagt Sedelies. Aber das Publikum hat genau diesen Spagat mitgemacht. Die Begeisterung für die ergreifenden Texte drückte sich bei der Bewertung in lauten Klatschen und Johlen aus. Die Atmosphäre war absolut stimmig. Nach 90 Minuten und acht Texten gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Tabea Farnbacher aus Bochum (die auch in unserer Anthologie „Worte aus der Depression“ vertreten ist) und Tanja Schwarz aus Hannover. Das Publikum entschied bei diesem Finale über die Lautstärke ihres Händeklatschens, aber es war keine Favoritin herauszuhören. Letztendlich hatten wir zwei Siegerinnen! Und das war gut so!

Eine der Siegerinnen: Tabea Farnbacher (Foto Matthias Stehr)

Die Leistung der Gestörten

Was wäre die Welt ohne Psychosen, Depressionen und Paranoia?
Komische Frage. Die Welt wäre auf jeden Fall um viele Maler*innen, Autor*innen, Komponist*innen und Entdecker*innen ärmer. Wir hätten wahrscheinlich einen langweiligen Franz Liszt, einen humorlosen Wilhelm Busch und einen uninspirierten Van Gogh.
Wer hat nicht alles trotz (oder eben wegen) einer psychischen Erkrankung oder Drogenkonsums Großes geleistet. Eine Liste berühmter psychisch kranker Persönlichkeiten finden Sie im Netz unter https://archiv.pahaschi.de/genies.htm. Allerdings erscheinen dort fast nur Männer aus der Geschichte (bis 1980). Frauen waren damals natürlich genauso betroffen, sind aber auf der Liste so gut wie nicht vertreten.
Und wo sind die Genies von heute? Im Nachhinein, wenn Großes geleistet wurde, ist es leicht hervorzuheben, dass die genialen Ergebnisse auch mit dem Geisteszustand zusammenhingen. Aber aktuell? Fällt Ihnen jemand aus der heutigen Zeit ein, der oder die sagt: Meine Werke ruhen auf einer soliden Psychose? Im Internet ist dazu nichts zu finden. Ein paar Promis wurden von der Regenbogenpresse enttarnt, aber andere?
Psychische Krankheiten sind noch immer ein Tabuthema, vor allem in einer Leistungsgesellschaft wie unserer. Das sollte sich ändern. Psychisch kranke Menschen liegen dem Staat nicht nur auf der Tasche, sondern können eine Bereicherung für die Menschheit sein. Wie wäre es mal mit einem*r psychotischen Kanzler*in. Vielleicht würde da mehr bei rauskommen!?

Ausgebremst

Jetzt hatten wir gerade wieder etwas Fahrt aufgenommen im Team, mit dem Poetry-Slam im Haus der Region und dem 34. Hannoverschen Selbsthilfetag – virtuell – und Schwupps sind die Möglichkeiten Veranstaltungen anzubieten auch schon wieder vorbei für dieses Jahr.

Schade. Den Kinofilm im Raschplatz hätten wir gerne noch gezeigt. Denn gerade jetzt, wo die dunkelsten Tage des Jahres auf uns zukommen, wäre es schön gewesen noch etwas Abwechslung und Unterhaltung anbieten zu können und vor allem damit auch für das Thema psychische Erkrankungen zu sensibilisieren.

Auf NDR gab es ja in der letzten Woche einen Beitrag mit einer Selbsthilfegruppe aus der Region Hannover: https://t1p.de/2f1k zum Thema Selbsthilfe, Psychische Erkrankungen und Covid-19.

Auch weitere Beiträge des NDR beschäftigten sich damit, dass es laut Zahlen der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) in Hannover im ersten Halbjahr 2020 rund 26.700 Fälle von Krankmeldungen aufgrund psychischer Leiden gegeben habe – im Vorjahreszeitraum seien es noch rund 14.600 gewesen. Das ist ein beachtliches Plus von rund 80 Prozent. Bereits im Mai, nach dem ersten Lock down, war von Seiten der Ärztekammer darauf hingewiesen worden, dass zum Beispiel Bewohner*innen von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und ältere Heimbewohner*innen Gefahr laufen, aufgrund von Isolation und Kontaktbeschränkung, beispielsweise Depressionen zu entwickeln. Hier soll ja nun diesmal, durch schnellere Tests, der Kontakt zur Umwelt für die Heimbewohner*innen aufrechterhalten werden.

Aber die Beschränkungen und Ihre Folgen betreffen uns ja irgendwie alle: wenig Ablenkung von außen durch Veranstaltungen und Aktionen, trübes Herbst-und Winterwetter, wenig erlaubte oder auch mögliche Kontakte zu Familie und Freunden…. Wie schaffen Sie es durch diese Zeit zu kommen?

Ich zünde zuhause immer viele Kerzen an, wenn es draußen zu dämmern beginnt und versuche mir jede Woche einen kleinen Blumenstrauß zu kaufen, um Licht und Farbe um mich herum zu haben. Darüber kann ich mich freuen. Außerdem telefoniere ich wieder öfter und länger mit Freunden und Familie. Einerseits weil ich selbst mehr Lust dazu habe aber auch um alleinlebende Menschen in meinem Freundeskreis jetzt nicht hängen zu lassen. Und irgendwie fällt mir auf, dass ich mit den Gedanken mehr im Hier und Jetzt bin und weniger in die Zukunft plane als ich das sonst von mir gewohnt bin. Und Letzteres tut mir, so stelle ich fest, psychisch sogar ganz gut.

Aber den ausgefallenen Kinofilm wollen wir natürlich trotzdem planen und hoffen ihn 2021 zeigen zu können.

HA

Poetry Slam “Ich und Depression?”

Eine Veranstaltung in Corona-Zeiten durchzuführen ist eine große Herausforderung. Das Bündnis gegen Depression in der Region Hannover nahm sich dieser Herausforderung mit einer Veranstaltungsreihe an. In Kooperation mit „Macht Worte!“ und dem Sozialpsychiatrischen Verbund der Region Hannover haben wir einen Poetry Slam mit Hygienekonzept geplant und auf die Beine gestellt.

Unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregeln durfte der Slam im Saal des Haus der Region mit 50 Gästen stattfinden. Die Anmeldungen liefen per E-Mail über die KIBIS, da die begrenzen Plätze schnell ausgebucht waren, wurde eine Nachrückliste eingerichtet. Dank rechtzeitiger Absagen konnten von der Nachrück-Liste noch 3 Personen am Abend teilnehmen. Am Einlass erschienen dann, von den 50 vorangemeldeten, 47 Gäste. Das passte ideal, denn es kamen noch 3 weitere Gäste und wir mussten so niemanden nach Hause schicken. Somit konnte der Abend vollzählig beginnen.

Nach den Grußworten von Rita Hagemann und Uwe Blanke, dem stellvertretenden Koordinator des Bündnisses gegen Depression in der Rregion Hannover, begann der Abend unter der Moderation von Jan Egge Sedelies. Das Thema Depression wurde während des Abends in seinen verschiedenen Facetten dargestellt. Mit einer guten Mischung aus ehrlich ernsthaften Berichten und Humor gestaltete sich der Abend spannend und kurzweilig.

Uwe Blanke und Rita Hagemann begrüßen die Gäste des Poetry Slams

Beim Slam gingen insgesamt vier Poet*innen an den Start. In zwei spannenden Runden wurden Punkte und Applaus gesammelt, im anschließenden Finale traten dann Kersten Flenter aus Hannover und Tabea Farnbacher aus Bochum an. Per Publikumsentscheid ging Tabea Farnbacher als Siegerin hervor. Neben einem großen Applaus erhielt sie den KIBIS-Infokoffer!

JK

Es ist viel los hier in der KIBIS

Neulich bei uns in der Teambesprechung wollten wir einen Termin für das erste Treffen der nächsten neuen Gruppe vereinbaren – und haben keinen gefunden!

Es scheint, als hätte sich viel aufgestaut bei den Initiator*innen und jetzt wollen alle loslegen. Viele Gruppen hatten auch schon einen ersten Termin im März vereinbart. Und dann ist die ganze schöne Energie in den Kontaktbeschränkungen stecken geblieben.

Wir freuen uns darüber, dass nach der langen Zeit nun so viele Themen in der Selbsthilfelandschaft Platz finden. Die Interessierten und Initiator*innen lassen sich von der Unsicherheit, wie und ob Treffen über den Winter möglich sein werden, nicht abschrecken.

So befinden sich Gruppen zu vielen Themen in der Gründungsphase: Kaufzwang, Einsamkeit mitten in der Stadt, Einsamkeit im Quartierstreff Wiesenau, Bipolare Störung, Psychose und Schizophrenie, Depression nach der Tagesklinik, Depressionsgruppe für Männer, Genetisch bedingte Lipoproteinproduktion, Mobbing und Bossing in Neustadt, Schuppenflechte in Neustadt, Vaginismus, Verlassene Eltern…

Bis Anfang Oktober finden sich in jeder Woche zwei bis vier Gruppentreffen, und da sind noch nicht die Gesamttreffen inbegriffen, die (allerdings per Video) auch themenbezogen stattfinden werden.

Wenn wir dann bei den Gründungstreffen dabei sein wollen oder die Treffen hier bei uns im Hof oder (bei kleineren Teilnahmezahlen) im Konferenzraum stattfinden, wird es langsam eng: mehr als eine Gruppe findet keinen Platz und viele andere (Abend-) Termine finden inzwischen auch wieder statt. So puzzeln wir in jeder Teambesprechung neu, damit die Startenergie auch genutzt werden kann.

Für uns wird damit deutlich, dass Selbsthilfe auf Pausetaste nicht funktioniert. Wir alle wissen es ja schon: Selbsthilfe in Gruppen ist hilfreich und sowohl persönlich als auch gesellschaftlich von großem Nutzen – aber diese Dringlichkeit, die im Moment zutage tritt, ist (mal wieder) beeindruckend.

Nie

Wie lebt es sich mit Corona?

Der Lockdown hat alle persönlichen Kontakte abrupt gebrochen, das war eine heftige Zeit!

Dabei habe ich es hier auf dem Dorf noch gut, kann in die Natur und in den Garten gehen. Wieviel schlimmer muss es für Menschen sein, die mit mehreren Kindern in einer kleinen Stadtwohnung wohnen und nicht mal eben zum Spielplatz gehen können?

Doch mich hat es auch getroffen, meine Depression hat Futter bekommen, dazu kam dann noch ein Menière-Anfall an Ostern, so dass es mir psychisch und körperlich richtig mies ging. Inzwischen habe ich mich wieder berappelt, bin eine Stehauffrau, auch wenn es mal zwei, drei Tage dauert, bis ich wieder fitter bin.

Ich denke dann immer an eine Fabel, die wir früher in der Schule gelesen haben über das Nicht-Aufgeben. Es handelt sich um zwei kleine Frösche, die in die Welt hinaushüpfen…… ich habe das in Gedichtform aufgeschrieben und in Zusammenhang von Durchhalten in einer Krankheit gesetzt. Das hilft mir immer weiter, wenn ich verzweifle.

Zwei Frösche (nach einer Fabel)

Es waren einst zwei Fröschelein,
die fielen in einen Eimer Milch hinein.
Der eine hatte keine Hoffnung mehr
und paddelte nicht mehr kreuz und quer.
Er gab sich auf und ging gleich unter — Der andere aber paddelte munter, bis unter seinen Füßen Butter entstand und hüpfte von dort dann auf den Rand, sprang hinab und hüpfte fort:
jetzt ist er wieder am Heimatort.

Haut dich die Krankheit auch wieder um,
gib nicht auf! Sei nicht so dumm
wie der erste Frosch, denn er ging unter.
Kämpf dich durch und bleibe munter!
So wirst du deinen Weg schon finden
und deine Kräfte sich verbinden.
Es findet sich alles zu seiner Zeit,
sei du nur zum Weitermachen bereit.
Deine Freunde wollen dich begleiten
und dir einen guten Weg bereiten.
Selber musst du ihn auch gehen.
Mit der Zeit wirst du dann sehen:
Es wird leichter, wenn man geht,
als wenn man aufgibt und nur steht!

Depression-Slam findet (wohl) statt!

Vor kurzem kam vom Bündnis gegen Depressionen der Aufruf für das Programm zur diesjährigen Antidepressionswoche einen Text zu verfassen. Wir sind also optimistisch, dass am 30. September die besten Poet*innen Deutschlands Texte zum Thema Depression (und alles was dazu gehört) lesen werden können. Und Sie können dabei sein, und den oder die Beste wählen!

Karten gibt es nicht im Vorverkauf – der Eintritt ist frei. Alles weitere später:

Lesung mit Tobi Katze 2018